Futur II von Newmen: Krautpop not Krautrock

Futur II von Newmen: Krautpop not Krautrock

August 12, 2021 0 Von Alexander Antonakis

Mit „Futur II“ legt die Frankfurter Band Newmen, gegründet 2012, ihr nunmehr drittes Album vor. Darauf gehen analoge Synthesizer Hand in Hand mit stakkatoartigem Gitarrenspiel der späten 70er und frühen 80er. Mit dem Song „Futur I“ ist auch eine Zusammenarbeit mit Ex-Kraftwerk-Mitglied Wolfgang Flür auf dem Werk vertreten.

Im November 2019 stand ein Berlin-Besuch an. Die Reise machte ich erstmals im Flixtrain, der vom Frankfurter Südbahnhof abfuhr. Während ich auf dem Bahnsteig wartete, lief mir plötzlich der Musiker Chima über den Weg, kurz darauf Martin Heimann von Newmen. Ich kannte beide schon einige Jahre, die beiden begegneten sich zum allerersten mal. Prompt saßen wir als frisch zusammengewürfeltes Trio zusammen in einem Abteil und es entwickelten sich umgehend tiefsinnige Gespräche. Die Zeit im Zug verging wie im Flug. Wir alle verfolgten in Berlin ein Ziel: Musikmachen. Martin und Chima mal wieder im Studio, ich als DJ in der Bar „Zu mir oder zu dir“ im Prenzlauer Berg.

Jetzt, fast zwei Jahre und viele Corona-Tage später, liegt mir Newmens neues Album vor. Und was Martin und seine Kollegen Timm Kroner, Joerg Schmidt, Joel Ameloot und Simon Rauland dabei zusamengebastelt haben, ist beeindruckend. „Bingo! What to say?“ – das sind die ersten Vocals des Openers „No Tricks with the Ocean“, der „sich mit seinem Rhythmus über die Landschaft wie ein Monster zieht, das erst mal über hohe Berge klettern muss, um zu sehen, dass die Einwohner des Tals während einer Pandemie auf die glorreiche Idee kamen, nach Mallorca zu fliegen. Apokalypse abgesagt, hat sich von selbst erledigt“, wie es so schön im Pressesheet formuliert ist.

Albumcover von „Futur II“.

Es folgt mit „Caravan“ ein etwas darker, schleppender Song, getragen von melancholischem Gesang und hypnotischen Synthie-Sequenzen. Man hört die Einflüsse verganener Musikepochen, Tage des Krautrocks, die von Bands wie Neu! oder Kraftwerk geprägt wurden. Darauf basierend haben Newmen ihren ganz eigenen Stil geschaffen, der liebevoll „Krautpop” getauft wurde. Einerseits ist ihr Sound tief verwurzelt in den technologischen Innovationen der Industrieländer, biedert sich aber nie an, um vom allmächtigen Algorithmus auf die neueste Lifestyle-Playlist gezogen zu werden.

„Seven Suns“, der dritte Song auf der LP, besticht durch die Kolloboration mit der Frankfurter Komponistin und Sängerin Ketty van Doln. Auf ihrer Facebook-Seite schreibt sie unter anderem: „Grundsätzlich, seit ich mich erinnere, habe ich Musik gemacht. Erst das klassische Klavier in der gnesinka auf den Dateien, dann die georgischen Gesangsunterricht auf Arbat mit meiner Schwester @teonadolnikova und noch später der Jazz-Stimmkurs in Gnesinka auf Ordynka. Das ist alles bis zum Erwachsenenalter. Nach dem Großteil des elektronischen Musikkurses in Berlin, bevor es so populär wurde wie jetzt.“

Ein weiteres Highlight ist ohne Frage „Futur I“, auf dem der Ex-Robotor Wolfgang Flür über einen packenden Groove philosophiert. Darauf heißt es: „There will be much to observe!“ Zum Abschluss blitzt der perkussive Instrumental-Track „A Bigger Slash“ noch besonders auf, der gegen Ende hin mit einem überraschenden Distortion-Exkurs das Album gebührend abschließt.

„Futur II“ ist auf Ferryhouse erschienen. Mehr zu Newmen gibt es auf Facebook und Instagram.


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